Beispiel 7: Häufiges Wasserlassen nachts

Der Betroffene schlägt sich mit der Befürchtung herum, nicht genug Schlaf zu bekommen, weil er wegen seiner vollen Blase zu früh aufwacht. Folgende Verhaltensweisen sollen das Problem lösen:

All dies sind zwanghafte Verhaltensweisen, die eine Abweichung vom natürlichen Verhalten darstellen. Das natürliche Verhalten wäre, sich um dieses Problem geistig überhaupt gar nicht zu kümmern und vor dem zu Bett gehen nur dann die Toilette aufzusuchen, wenn tatsächlich ein Harndrang vorliegt. Das zwanghafte Verhalten führt dazu, dass das Problem sich verstärkt, bis der Betroffene schließlich alle 1-2 Stunden nachts auf Toilette muss.

Normalerweise wird in so einer Situation die Frage gestellt: „Was sind die organischen Ursachen dieser Entwicklung?“ Und die Antwort lautet zum Beispiel: „eine vergrößerte Prostata“. Aber selbst wenn die Prostatavergrößerung behandelt wird, führt das nicht zu einer dauerhaften Lösung des Problems, solange das psychische Problem und das damit verbundene Zwangsverhalten nicht gelöst wird.

Deshalb muss zusätzlich zur Erforschung der organischen Ursache die Frage gestellt werden: „Was bedeutet es für den Betroffenen?“ Es bedeutet, nachts ständig auf die Toilette zu müssen und deshalb nicht in Ruhe schlafen zu können. Das ist die negative Vorstellung, die ein Zwangsverhalten antreibt, welches schließlich zur realen Verwirklichung der negativen Vorstellung führt.

Wenn die Verstärkung der Symptome durch das Zwangsverhalten erst mal gestoppt ist, dann gibt es auch hier wie schon weiter oben erläutert 2 Möglichkeiten einer Ursache:

  1. Es gab nie ein wirkliches Problem. Es wurde einfach ein natürliches Phänomen des Körpers immer weiter verstärkt (Erklärungsmodell 1a).
  2. Es gibt noch ein „Problem dahinter“ im Zusammenhang mit der vergrößerten Prostata, dessen negative Auswirkungen aber durch das zwanghafte Verhalten noch verstärkt wurden.
nächstes Kapitel: Die psychische Ursache im Gespräch ermitteln (Ursachen ermitteln)